Willkommen zum ersten Fragen-Freitag nach der Sommerpause! Heute dreht sich alles um die Frage, was denn mit den Sachen eines Schuldners passiert, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Darf ein Schuldner sein Auto behalten? Muss ich jetzt umziehen, weil mein Haus, meine Eigentumswohnung weg ist? Wie immer, das kennen Sie ja schon, kann man diese Fragen nur mit einem bestimmten Jein beantworten. Kompliziertes Recht versteht man am besten in kleinen geordneten Happen. Also fangen wir an.
Erster wichtiger Ordnungspunkt: Gehört mir das Auto etc. überhaupt?
Wer Teile seiner Sachen nur mietet, typisch für Wohnung und auch mal Auto (hier ist Leasing gemeint), kann üblicherweise die Mietverträge nach Insolvenzeröffnung fortsetzen. Der Insolvenzverwalter wird zunächst zum Schutz der Gläubiger die dahinterstehenden Verträge beenden. Sie als Schuldner können aber mit dem Vermieter den alten Vertrag wiederbeleben. Sie müssen die fällige Miete nur aus dem Ihnen pfändungsfrei verbleibenden Einkommen bezahlen.
Anders, wenn Sie Eigentümer der Sache sind. Dann gehört das Auto/Haus/XYZ zur Insolvenzmasse. Und über die verfügt der Verwalter. Kann er jetzt aber einfach alles verkaufen? Ja, das kann er. Und muss er, da sich ein Verwalter schadensersatzpflichtig macht, wenn er es nicht tut.
Aber wir wären nicht im Recht, wenn es nicht eine Ausnahme zur Regel gäbe. Eine dieser Ausnahmen ist der Schlenker über die Unpfändbarkeit. Was unpfändbar ist, ist nicht Teil der Insolvenzmasse. Was nicht Insolvenzmasse ist, da kann der Verwalter nichts machen. Das ist also eigentlich keine Ausnahme, sondern die Sache fällt schon von vornherein nicht unter den Zugriff. Die Frage, was pfändbar ist, beantwortet uns die Zivilprozessordnung (ZPO) in den §§850ff. Klassischer Fall der Unpfändbarkeit bei Sachen ist das Auto. Wer Sachen zur Ausübung seines Berufs benötigt, der darf sie behalten. Das macht Sinn, da sonst die Haupteinnahmequelle der Gläubiger wegfiele. Pfändbarer Lohn auf Dauer ist oft besser als einmal ein paar tausend Euro. Da viele Leute entweder ihr Auto direkt für ihre Arbeit benötigen oder zumindest für den Weg dahin, ist anerkannt, dass ein Auto unpfändbar sein kann. Warum so vorsichtig fragen Sie? Tja, wie immer gibt es Rückausnahmen. Benötigt wird ein Auto, nicht der Porsche. Wer also viel Geld in sein Auto investiert kann sich einer sogenannten Austauschpfändung ausgesetzt sehen. Und fährt statt familientauglichem Touran von vor zwei Jahren bald Polo von vor 10 Jahren. Ein Auto braucht in Großstädten eigentlich nur, wer zu so misslichen Zeiten arbeitet, dass kein Bus fährt oder in Ecken, wo eben doch kein ÖPNV hinfährt.
Unbelastetes Haus- oder Wohnungseigentum ist in fast allen denkbaren Situationen zu verwerten. Hier gibt es keinen Grund, dem Schuldner den wertvollen Gegenstand zu lassen. Wer zur Miete wohnt, kann trotzdem arbeiten gehen, findet der Gesetzgeber. Ausnahme kann hier allenfalls ein schwerwiegender Härtefall sein. Den zu konstruieren ist höflich gesagt, katastrophal schwierig.
Alle anderen Sachen, wie Sportgeräte (das Boot), Omas Tafelsilber, oder auch mal eine Schusswaffe (Sind Sie Jäger?) sind in allen Fällen zu verwerten. Wirklich alle Fälle? Nun ja. Nein. Wenn die Kosten für die Verwertung größer sind als der geschätzte Erlös, kann der Verwalter von einer Verwertung absehen. Er soll ja den Gläubigern mehr Geld verschaffen und nicht Geld verbrennen. Diese wirtschaftliche Ausnahme hängt aber allein von der Schätzung durch den Verwalter ab. Das ist sein Job und dann eben sein Risiko.
Kommen wir zur zweiten großen Gruppe: es gehört Ihnen, aber Sie haben es finanziert
In diese Gruppe fallen die meisten Immobilien. Kaum ein Eigentümer in Insolvenz hat ein unbelastetes Eigentum. In fast allen Fällen ist der Kredit für den Kauf nicht abbezahlt und im Grundbuch stehen entsprechende Grundschulden. Diese Grundschulden führen dazu, dass der Kreditgläubiger, die Bank, in der Insolvenz das Grundstück/die Wohnung zwangsversteigern lassen kann. Warum die Bank? Das steht so in der Insolvenzordnung. Der Gesetzgeber meinte, dass die Zwangsversteigerung für den Immobiliengläubiger auch in der Insolvenz das optimalste und für alle faireste Ergebnis liefert. Also darf der Gläubiger selbst verwerten und die Insolvenzmasse kriegt nur, was an Übererlös dabei herauskommt. Zumeist läuft es auch genau so. Der Verwalter kann sich noch mit der Bank auf eine sog. freihändige Veräußerung einigen, wo dann der Verwalter mit der Bank zusammen ohne Versteigerung verkauft. Das erzielt bessere Preise, ist aber nicht die Pflicht von Verwalter oder Bank.
Bei finanzierten Autos ist das anders. Ein auf Kredit gekauftes Auto „gehört der Bank“. Diese umgangssprachliche Erlärung hat viel Wahres. Der Kreditgeber lässt sich das Auto als Sicherheit für den unbezahlten Rest des Kredits geben. Und darf deshalb in der Insolvenz seines Kreditnehmers die Erlöse aus dem Autoverkauf für sich verlangen. Der Insolvenzverwalter darf wiederum als Einziger die Verwertung übernehmen. Er muss es sogar, wobei für die Insolvenzmasse aber die sogenannten Kostenbeiträge anfallen. Eine kleine Beteiligung für alle anderen Gläubiger, die die Arbeit des Verwalters bei der Veräußerung abdecken sollen. Für Sie heißt das, das Auto ist weg. Denn egal ob unpfändbar oder nicht, das Sicherungsrecht geht vor.
Noch ein Wort zur Warnung. Selber kaufen geht nur in genehmigten Ausnahmefällen in Verbraucherinsolvenzverfahren. Sonst fragt der Insolvenzverwalter berechtigterweise, wo das Geld für den Kaufpreis herkommt und verwertet das Auto/das Haus/das Boot gleich nochmal, weil es wieder in der Masse landet, wenn Sie es kaufen.
Zusammengefasst: Haus, Boot und Auto sind wertvolle Gegenstände, die in den allermeisten Fällen verwertet werden können und müssen. Es gibt Ausnahmen, die Sie mit Ihrem Berater oder Insolvenzverwalter besprechen sollten.
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Fragen-Freitag: Eine lose Folge von Tipps und Antworten rund um das Insolvenzverfahren zu Fragen, die Sie haben oder die mir immer wieder unterkommen. Haben Sie eine Freitags-Frage? Schicken sie mir eine Mail, vielleicht ist Ihr Thema am nächsten Freitag dran!