Wer einen Flug gebucht hat und sogar meist schon bezahlt hat, der möchte auch fliegen. Oder sein Geld zurück, wenn es keinen Flug gibt. Ist die Fluggesellschaft insolvent, wie im aktuellen Fall AirBerlin, so wird aus einem grundsätzlich einfachen Vertragsverhältnis plötzlich der Alptraum eines Reisenden.
Ich möchte Ihnen mit diesem Artikel eine Übersicht über die Rechtslage für Kunden der AirBerlin geben, die jetzt nicht recht wissen, was sie machen können. Einiges von dem hier berichteten ist für den Rechtslaien fürchterlich ungerecht. Nur leider ist im Insolvenzrecht eben vieles auf die Gleichheit aller Gläubiger ausgerichtet und Urlaubsreisende sind keine rechtlich zu bevorzugende Gläubigergruppe. Emotional und moralisch mag ein geplatzter Urlaubstraum und Verlust allen dafür gezahlten Geldes drastisch sein. Objektiv rechtlich ist es nur ein Vertrag von vielen in einem Insolvenzverfahren.
Die Situation der Kunden der AirBerlin ist unterschiedlich. Man kann grob folgende Gruppen bilden:
- Pauschalreisende oder Reiseveranstalter
- über Partner-Airlines gebuchte Flüge
- Direktbucher ohne Vorauszahlung
- Direktbucher mit Vorauszahlung
- Pauschalreisende oder Reiseveranstalter
Wer seinen Urlaub als Pauschalreise oder bei einem Reiseveranstalter, der eben nicht AirBerlin ist, gebucht hat, ist mit am besten dran. Wenn nur der Transport über AirBerlin stattfindet, die Reise aber bei XY Reisen gebucht wurde, dann muss Ihnen XY Reisen den Transport liefern. Und das muss nicht AirBerlin sein, Hauptsache, der Reisende kommt zum richtigen Datum am richtigen Ort an. Also muss der Reiseveranstalter für den Fall der Flugstornierung für Abhilfe sorgen. Das muss er auch von seinem eigenen Geld tun. Es ist eben sein Pech, das er auf AirBerlin gesetzt hat.
Gleiches gilt für Pauschalreisende. Auch diese Gruppe ist recht gut dran. Entweder muss der Reiseveranstalter für Transport sorgen, oder es gibt einen Insolvenzsicherungsschein, wenn die Reise über AirBerlin gebucht worden sein sollte. Dieser Sicherungsschein gilt gegenüber AirBerlin aber wirklich nur, wenn die Pauschalreise insgesamt über AirBerlin gebucht wurde.
Was ist zu tun?
Den Reiseveranstalter befragen, ob er schon entschieden hat, wie er vorgeht. Und ggf. den Sicherungsschein lesen, ob da nicht doch AirBerlin drinsteht.
Finanzielles Risiko?
Ein sehr geringes, wenn Sie doch wider Erwarten den Sicherungsschein in Anspruch nehmen müssen. Da kann erst Ihre Vorkasse nötig werden, die Sie dann ersetzt bekommen. Worst Case wäre, wenn der Veranstalter die Reise absagt, weil er keine andere Fluglinie bekommt. Dann haben Sie Ansprüche gegen den Veranstalter. Und ggf. das Risiko von dessen eigener Insolvenz. Eher unwahrscheinlich.
- Partner-Airlines
Ist AirBerlin für einige Strecken der ausführende Transporteur, aber Sie haben den Flug eigentlich über Lufthansa oder KLM oder andere Gesellschaften gebucht, dann gilt die Abwicklung in den Vertragsbeziehungen. Dementsprechend haben Sie einen Beförderungsanspruch gegenüber der Buchungsairline. Sie haben einen Flug nach beispielsweise New York gebucht und den ersten Teil bis London fliegt nicht Lufthansa sondern AirBerlin. Fliegt AirBerlin nicht, dann können Sie von Lufthansa verlangen, anders dorthin gebracht zu werden.
Was ist zu tun?
Fragen Sie den Buchungspartner, wie er Ihre Beförderung sicherstellen wird. Vielleicht hat der Vertragspartner schon eine Umbuchung auf eine andere Airline veranlasst.
Finanzielles Risiko?
Kein wesentliches. Auch hier kann im Worst Case der Vertragspartner einfach die Leistung verweigern. Dann hätten Sie aber Schadensersatzansprüche und der Partner eine richtig miese Presse. Also eher unwahrscheinlich.
- Direktbucher ohne Vorauszahlung
Ich bin mir nicht sicher, ob das rein faktisch geht, aber der Vollständigkeit halber betrachten wir als ersten Fall eines Insolvenzgläubigers den Fluggast auf Rechnung.
Sie haben einen bloßen Flug mit AirBerlin gebucht. Ausführender Transporteur ist AirBerlin. Sie zahlen auf Rechnung, wenn Sie längst wieder zu Hause sind.
Grundlage Ihres Vertragsverhältnisses ist das Versprechen von AirBerlin, Sie zu befördern und das gegen Ihre Zahlung von Geld. Es gibt also zwei sich in einem Austauschverhältnis gegenüberstehende Ansprüche. Es tritt bei unserem Gedankenspiel AirBerlin in Vorlage. Sie hingegen zahlen erst nach der Vorleistung.
Haben Sie den Flug noch nicht angetreten, so kann der vorläufige Insolvenzverwalter, der vorläufige Sachwalter oder später der eigentliche Insolvenzverwalter oder Sachwalter „die Erfüllung ablehnen“. Das ist rechtstechnisch die Weigerung, seinen Teil zu tun. Der Verwalter verliert damit den Anspruch auf Ihre Gegenleistung, muss Sie aber auch nicht befördern. Ihre Schadensersatzansprüche können Sie nur über die Insolvenztabelle verfolgen und bekommen später eventuell eine Quote.
Wichtig ist: Sie haben zwar einen Anspruch auf Beförderung, den können Sie aber nicht sinnvoll durchsetzen.
Sind Sie bereits geflogen und nur noch die Rechnung steht aus, dann wird der Verwalter das Geld bei Ihnen einziehen wollen. Das kann und wird er auch. Wie sich das für Verträge gehört, müssen Sie dann auch zahlen.
Was ist zu tun?
Wenn Sie bereits geflogen sind, dann zahlen Sie Ihre Rechnung. Sind sie noch nicht geflogen, dann fordern Sie AirBerlin, bzw. den Verwalter, auf, sich zu der Frage zu erklären, ob Sie befördert werden sollen oder nicht. Wenn Ihnen eine Zusage vorliegt, dann können Sie damit rechnen, dass Sie fliegen.
Finanzielles Risiko?
Kein wesentliches. AirBerlin muss ja in Vorlage treten. Auch hier kann im Worst Case der Verwalter einfach die Leistung verweigern. Ihre Schadensersatzansprüche können Sie nur über die Insolvenztabelle verfolgen und bekommen später eventuell eine Quote.
- Direktbucher mit Vorauszahlung
Hier wird es leider besonders risikoreich. Sie sind in Vorlage getreten und damit vollständig abhängig vom guten Willen des Unternehmens und des Verwalters.
Sie können in den allermeisten Fällen nicht aus dem Vertrag raus. Das Argument für einen Rücktritt, Ihr Vertragspartner sei insolvent, zieht nicht, da das eben ein typisches Risiko der Teilnahme am Wirtschaftsleben ist. Die Einschränkung ist für äußerst unwahrscheinliche Sonderfälle gedacht, die ich hier nicht aufführen kann.
Der Verwalter kann und darf Ihnen den Vorschuss nicht zurückerstatten. Das wäre eine strafbare Gläubigerbegünstigung. Denn warum sollen gerade Sie Geld bekommen und alle anderen Gläubiger nicht?
Sie können den Verwalter und AirBerlin nicht zur Leistung zwingen. Sie können AirBerlin zwar verklagen, aber das Urteil „Ihr müsst mich transportieren“ ist nicht vollstreckbar. Die dafür entstehenden Kosten können Sie zur Tabelle anmelden und bekommen eventuell eine Quote. Auch Ihre Vorkasse bekommen Sie nicht zurück und Ihnen bleibt nur der Weg über die Forderungsanmeldung.
Entscheidet der vorläufige Verwalter oder vorläufige Sachwalter mit dem Schuldner, dass Sie doch fliegen dürfen, so führt das im Moment, im Vorverfahren, trotzdem nicht zu einem durchsetzbaren Anspruch. Wenn Ihnen versprochen wird, dass Sie fliegen und dann doch der Flug nicht stattfindet, sind Ihre Schadensersatzansprüche wieder Tabellenforderungen (also Quote). Sie können allerdings den Verwalter auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, weil er Sie trotz Zusage nicht fliegen ließ. Allerdings ist das ein haariger Anspruch mit ungewissem Ausgang. Nichts worauf man fest rechnen sollte. Dennoch ist dieser Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter aber ein gutes Argument dafür, dass man sich auf die Zusage „der Flug findet statt“ einigermaßen sicher verlassen kann. Kaum ein Verwalter wird sehenden Auges in einen Haftungsprozess hineinlaufen. Oder die miserable Presse für seine Unternehmensfortführung riskieren, die ihm den Verkauf des Betriebs verhageln dürfte.
Was ist zu tun?
Fordern Sie AirBerlin, bzw. den Verwalter, auf, sich zu der Frage zu erklären, ob Sie befördert werden sollen oder nicht. Wenn Ihnen eine Zusage vorliegt, dann können Sie damit rechnen, dass Sie fliegen. Wie gesagt, ist das trotzdem ein nicht unerhebliches Risiko.
Finanzielles Risiko?
Sehr groß. Sie sind in Vorlage getreten. Der Verwalter kann einfach die Leistung verweigern. Ihre Schadensersatzansprüche können Sie nur über die Insolvenztabelle verfolgen und bekommen später eventuell eine Quote. Erst später, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, reduziert sich das Risiko bei einer Erklärung des Verwalters, dass er Sie fliegen lassen will.
Und zum Abschluss: Nein, Ihre Reiserücktrittsversicherung wird für diesen Fall nicht aufkommen. Die Insolvenz ist in solchen Versicherungsverträgen regelmäßig kein Grund. Und alle anderen Gründe können nur dann benannt werden, wenn sie wirklich vorliegen. Alles andere wäre Versicherungsbetrug. Und glauben Sie mir, ich als Reiseversicherer würde bei AirBerlin-Kunden dreimal hingucken.
Zusammengefasst:
Je nachdem in welcher Kategorie Kunde Sie stecken, umso risikoreicher ist Ihre Lage. Ein Totalausfall bei Vorauszahlung ist immer möglich. Auch Zusagen des Verwalters sind mit einer Prise gesundem Misstrauen zu betrachten, wobei aber generell gilt, dass solche Zusagen nicht leichtfertig gegeben werden.
Sie wissen nicht, was Sie zu tun sollen? Fragen zu Ihrer Lage oder Optionen? Rufen Sie mich gerne an oder schreiben eine E-Mail.