Der Schuldner auf dem Weg zur Restschuldbefreiung hat sich an Regeln zu halten, sonst läuft er Gefahr, dass ein Gläubiger einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung stellt. Ein Gläubigervertreter, genauer ein Inkassounternehmen, hat dies nun beim Amtsgericht Göttingen (Beschluss vom 15.07.2016) versucht und ist abgewiesen worden. Das Amtsgericht hat dem Rechtspfleger in seiner Einschätzung Recht gegeben. Inkassounternehmen dürften den Gläubiger im Restschuldbefreiungsverfahren nicht vertreten.
Diese Ansicht ist nicht grundsätzlich neu. Das Amtsgericht Göttingen zitiert in seiner Entscheidung wiederum das Amtsgericht Köln, das bereits im Jahr 2012 so entschieden hatte. Unumstritten ist die Ansicht jedoch nicht. Das Amtsgericht Coburg nämlich sieht eine Vertretungsbefugnis durchaus als gegeben an und hat diese Meinung im Januar 2016 in einem Beschluss kundgetan.
Das Problem, das hinter diesem Beschluss steckt, ist zunächst ein formales. Die Vertretungsbefugnis der Inkassounternehmen im Insolvenzverfahren stammt aus § 174 Absatz 1 Satz 3 InsO. Hiernach kann ein Gläubiger seine Forderung im Insolvenzverfahren bis zu dessen Abschluss durch ein Inkassounternehmen anmelden, sich also vertreten lassen. Die Forderungsanmeldung erfasst aber nur den Vorgang von der tatsächlichen Anmeldung bis zur Feststellung. Im Restschuldbefreiungsverfahren, und nur darum geht es hier, liefert § 174 InsO keine Vertretungsberechtigung.
Eine ebenso klare Absage erteilt das Amtsgericht Göttingen § 305 Absatz 4 InsO alter Fassung (für Verfahren, die bis zum 30.06.2014 beantragt wurden) und neuer Fassung. In § 305 Absatz 4 InsO gehe es ausschließlich um das Antragsverfahren im Verbraucherinsolvenzverfahren und das gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren. Schließlich versagt das Amtsgericht Göttingen einer Vertretungsbefugnis über § 4 InsO in Verbindung mit § 79 ZPO die Wirkung. Die insolvenzrechtlichen Regelungen seien als Spezialgesetzgebung vorrangig und im Übrigen erwähne § 79 Absatz 2 Nr. 4 ZPO das Insolvenzverfahren gerade nicht.
Vom rein formalrechtlichen Standpunkt her überzeugt die Argumentation des Amtsgerichts Göttingen. Vom Sinn und Zweck der Aufnahme Inkassodienste in § 174 InsO her wäre aber die denklogische Fortsetzung, dass ein Inkassounternehmen die Forderungsanmeldung bis zum Ende der Restschuldbefreiung betreut und dementsprechend auch die Gläubigerrechte, also die Versagungsanträge, wahrnehmen können sollte. Die sonst so pragmatische und gläubigerorientierte Insolvenzordnung wird hier sehr formal ausgelegt.
Nichts destotrotz zeichnet sich hier ein Risiko für Gläubiger ab. Wer dem unredlichen Schuldner beikommen möchte, darf sich nicht darauf verlassen, dass die Abgabe an das Inkassounternehmen reicht. Inkassounternehmen wiederum sollten bei Kenntnis von Versagungsmöglichkeiten den Gläubiger informieren und ggf. als Dienstleistung die Vorformulierung des Antrags mitliefern. Stellen sollte ihn dann aber der Gläubiger jedenfalls selbst.