Das Insolvenzverfahren ist in der InsO geregelt, also der Insolvenzordnung. Diese Verordnung kennt allgemeine Regeln für alle Verfahrensarten und Sonderregeln für spezielle Verfahren.
Die wesentlichen Verfahrensarten sind das Regelinsolvenzverfahren und das Verbraucherinsolvenzverfahren. Schon vom Namen her ergibt sich beim Verbraucherinsolvenzverfahren, dass nur natürliche Personen, also einzelne Menschen, ein solches Verfahren durchlaufen können. Für Unternehmen, ganz egal, ob als GmbH organisiert oder als UG (haftungsbeschränkt) oder als BGB-Gesellschaft, gibt es das Regelinsolvenzverfahren. Die Unterscheidung zwischen dem Schuldner für das Regelinsolvenzverfahren, häufig dem unternehmerisch tätigen Selbständigen, und dem Verbraucher trifft die InsO über § 304 InsO. Dort wird die Vermutung aufgestellt, dass derjenige, dessen Vermögensverhältnisse überschaubar sind und gegen ihn keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen, Verbraucher ist. Zugleich liefert uns das Gesetz den Ausnahmetatbestand gleich mit und erklärt die Überschaubarkeit in Absatz 2 so:
(2) Überschaubar sind die Vermögensverhältnisse im Sinne von Absatz 1 Satz 2 nur, wenn der Schuldner zu dem Zeitpunkt, zu dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt wird, weniger als 20 Gläubiger hat.
Die bloße Zahl der Gläubiger reicht. Wer zwanzig Gläubiger oder mehr hat, ist ein Fall für die Regelinsolvenz. Wer Schulden aus Arbeitsverhältnissen hat ist ebenfalls ein Regelfall. Das bedeutet Schulden bei Krankenkassen, der Berufsgenossenschaft oder dem Finanzamt aus der Beschäftigung eines anderen. Auch wenn Sie als Geschäftsführer einer GmbH Haftungsschulden bei diesen Gläubigern haben, zählt das. Wer nur in der Vergangenheit selbständig war, aber keine Arbeitnehmer hatte, bzw. bei den Kassen und dem Finanzamt alles bezahlt hat, wird nur über die Zahl seiner Gläubiger gemessen.
Warum das wichtig ist? Das Regelverfahren kennt kein außergerichtliches Vorfahren. Es geht also schneller los mit dem Verfahren und, was für viele wichtig ist, durch die schnellere Eröffnung läuft die Zeit für die Restschuldbefreiung früher. Das Verbraucherverfahren sieht ein vorher zwingend notwendiges Vergleichsverfahren vor. Die Gläubiger sollen gefragt werden, ob sie dem Schuldner auch ohne Gerichtsverfahren die Schulden erlassen wollen. Das ist eigentlich immer zum Scheitern verurteilt, muss aber gemacht werden. Denn ohne eine Bescheinigung einer „geeigneten Stelle“ für ein erfolglos durchgeführtes Vergleichsverfahren gibt es keine Möglichkeit bei Gericht als Verbraucher einen Antrag zu stellen. Ein solches Vergleichsverfahren kann mit Wartezeit auf einen Termin bei der Schuldnerberatung leicht 6 bis 12 Monate dauern.
„Geeignete Stelle“ im Sinne von § 305 InsO sind solche, die von den Behörden einen Zulassungsbescheid haben oder Rechtsanwälte. Die öffentlich zugelassenen Stellen sind häufig Schuldnerberatungsstellen karitativer Einrichtungen, aber auch Unternehmer, die die Beratung professionell betreiben. Beratung kostet Geld. In Hamburg gibt es für Personen, die kein Geld mehr für die Gebühren haben, die Möglichkeit die Kosten vom Staat ganz oder zum Teil ersetzt zu bekommen. Nur muss man dann zu einer der zugelassenen Schuldnerberatungen gehen [diese sind auf der Seite hamburg.de zu finden]. Rechtsanwälte und andere Berater können und müssen für ihre Tätigkeit Gebühren verlangen, die der Auftraggeber zu zahlen hat. Eine Übersicht zu den Beratungsgebühren finden Sie unter Downloads.
Ist der Antrag gestellt, entscheidet der zuständige Amtsrichter über die Zulässigkeit und die Begründetheit. Zulässigkeit heißt, ist der Antrag an das richtige Gericht geschrieben, hat er alle notwendigen Informationen und kann der Antragsteller überhaupt einen Antrag stellen. Begründet ist ein Insolvenzantrag, wenn der Richter zu der Überzeugung gelangt, dass der Schuldner tatsächlich insolvent, zahlungsunfähig oder überschuldet, ist. Zuletzt müssen auch noch die Kosten des Verfahrens gedeckt sein. Entweder aus dem was an Geld oder Vermögen noch da ist oder über einen für Einzelpersonen möglichen Stundungsantrag. Dann übernimmt der Staat zunächst alle Kosten. Manchmal ergibt sich das für den Richter gleich aus der Akte, da alle Informationen vorliegen, manchmal wird zunächst ein Gutachter beauftragt. Das ist häufig bei Unternehmern der Fall oder bei ungeklärten Bewertungen von Vermögen. Gutachter sind in fast allen Fällen zugleich auch die Leute, die der Richter später zum Insolvenzverwalter ernennen wird. Im Fall eines noch laufenden Unternehmens, zum Beispiel einer Tischlerei mit laufenden Aufträgen, wird der Richter zusätzlich sogenannte Sicherungsmaßnahmen erlassen. Das ist häufig die Ernennung des vorläufigen Insolvenzverwalters.
Hat der Gutachter eine positive Bewertung abgegeben, oder kann der Richter alles aus der Akte entnehmen, fasst der Richter den Eröffnungsbeschluss. Dieses Schriftstück besagt, dass das Insolvenzverfahren am Tag der Entscheidung beginnt, benennt die Person, die Insolvenzverwalter ist und bestimmt Termine und Fristen für wichtige Entscheidungen im weiteren Verfahrensablauf. Ab jetzt läuft auch die Zeit für die Restschuldbefreiung. Solche Beschlüsse werden im Internet auf der offiziellen Seite www.insolvenzbekanntmachungen.de veröffentlicht.
In einigen Fällen, wenn ein Gutachter ein negatives Gutachten abgibt oder nicht genügend Geld für die Kosten zusammenzubringen ist, weist der Insolvenzrichter den Antrag ab (die sog. Abweisung mangels Masse). Damit ist das Verfahren beendet.
Was im eröffneten Verfahren und nach Ende des Insolvenzverfahrens passiert, lesen Sie im nächsten Post.